Evolution in der Glaskugel

Kann man den künftigen Verlauf der Evolution vorhersagen? Und was würde passieren, könnte man das „Band des Lebens“ noch einmal von vorne abspielen? Das Buch „Glücksfall Mensch“ des amerikanischen Zoologen Jonathan Losos rollt dieses berühmte Gedankenexperiment des Paläontologen Stephen J. Gould wieder auf.

(Der folgende Artikel erschien zuvor im Magazin Laborjournal, Ausgabe 6/2018).

Eine Megaplattenpyramide wächst hinter Zack Blount an die Decke. Wie viele Petrischalen es wohl sind, fragt sein Mentor Richard Lenski, der das Foto seines Mitarbeiters bei Twitter veröffentlichte. Genug jedenfalls, um Respekt vor Blounts Durchhaltevermögen zu haben.

Ein guter Teil seiner praktischen Laborarbeit der vergangenen Jahre war wohl unspektakulär bis öde: Bakterien weitertransferieren, Bakterien auf Platten ausstreichen, Bakterien einfrieren, und dann alles wieder von vorne, über Jahre hinweg.

Aber das Lenski-Labor hat mit geduldiger Mikrobiologie das Wissen über die Evolution entscheidend vorangebracht. Denn die Plattentürme und die eingefrorenen Escherichia-coli -Stämme der experimentellen Evolutionsbiologen aus Michigan sind eine Zeitmaschine. Sie hilft dabei, eine Frage zu beantworten, die seit einiger Zeit wieder heiß diskutiert wird: Welche Rolle spielt der Zufall in der Evolution?

Der 2016-er Plattenturm von Zachary Blount. 12583 Stück.
(Photo: Z. Blount)

Klar ist: Evolution ist blind, sie schaut nicht in die Zukunft. Weiterlesen