Flagelle weg, Flagelle da

Evolutions-Experimente zur Regulation der bakteriellen Flagelle zeigen exemplarisch, wie flexibel genetische Netzwerke auf starken Selektionsdruck reagieren.

(c) University of Reading

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Wie reagieren Organismen und deren Genome auf Selektionsdruck? Welche evolutionären Mechanismen führen dazu, dass Gene neue Aufgaben übernehmen? Ein Forscherteam um Robert Jackson und Louise Johnson (Universität Reading)  stellt zu diesen Fragen ein schönes Experiment vor, in dem die Flagelle des Bakteriums Pseudomonas fluorescens im Zentrum steht (Science 347:1014-17). Die Flagelle, ein Fortbewegungsorgan vieler Bakterien, besteht aus einem beweglichen „Faden“ und einem „Motor“, die über einen Haken verknüpft sind. Aufgebaut wird der ganze Apparat aus einer Vielzahl verschiedener Proteine.

Die Gene für diese Flagellenproteine stehen unter Kontrolle eines Master-Kontrollgens, FleQ. FleQ kodiert für ein „Enhancer-Binde-Protein“. Das heißt, das FleQ-Protein bindet an Kontrollelemente der DNA bestimmter Zielgene (in diesem Fall der Flagellen-Gene) und ermöglicht so, dass die Zielgene zuerst in Boten-RNA (mRNA) umgeschrieben und daraus dann das eigentliche Genprodukt hergestellt wird, also zum Beispiel die Bestandteile des Motors der Flagelle.

Wenn man den „Master-Regulator“ FleQ zerstört, hat Pseudomonas folglich keine Flagelle mehr, denn die nötigen Einzelteile werden nicht mehr hergestellt. Die Forscher um Jackson wollten nun wissen, was passiert, wenn man Pseudomonas-Stämme mit defektem FleQ einem starken Selektionsdruck für Beweglichkeit aussetzt. Findet der Prozess aus spontaner Mutation und natürlicher Selektion eine neue Lösung für das Anwerfen der Flagellen-Gene? Dazu ließen sie Pseudomonas-Stämme mit gentechnisch ausgeschaltetem FleQ unter Bedingungen wachsen, unter denen in den punktförmigen Kolonien der Kulturschale schnell die Nährstoffe ausgehen, und die Bakterien folglich verhungern, wenn sie sich nicht vom Fleck bewegen.

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